Heal the Rich von Uli Kempendorff’s Field

2016 WhyPlayJazz (RS026), CD + MP3 Album Download

Uli Kempendorff’s Field »Heal the Rich«

Titelverzeichnis

  1. Drehtürwalzer  9:14
  2. Aggressively Loving It  6:00
  3. Kitz  4:53
  4. Sehr Nüchtern  8:12
  5. 3 Halbe  6:23
  6. You Don’t Have To Win Me Over  5:24
  7. Versuchs Doch  4:39
  8. Drehtürwalzer Reprise  1:34

Besetzung

Uli Kempendorff (ts, comp, arr), Ronny Graupe (git), Jonas Westergaard (b), Oliver Steidle (dr)

Produktionsdetails

Recorded November 10 - 11, 2015 by Benjamin Spitzmüller at Studio H2, Berlin, Germany. Mixed by Benjamin Spitzmüller. Mastered by Klaus Scheuermann. Produced by Uli Kempendorff. Co-produced by Christian Weidner, Ronny Graupe, Jonas Westergaard and Oliver Steidle. Artwork by Sophia Martineck. Mit freundlicher Unterstützung der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin.

Die Musik auf FIELDs neuem Album bietet mit ihrer Direktheit und Klarheit ein Gegengift zu den Plagen unserer Zeit. Wie gute Musik es tut und tun will, konfrontiert sie mit dem Echten, der Essenz, der Materie, dem Verborgenen und bietet Entfremdungsprozessen die Stirn. Die Oberflächenpräsentation wird verlassen.

FIELDs neues Album heißt »Heal The Rich«. Wer einem Albumtitel eine solch zarte Humanität miteinwebt, dem scheint es um mehr zu gehen als nur um die reine Kunst. Vielmehr steckt hier auf vielen Ebenen ein Aufruf zum Umkehr-und Besinnungsprozess drin. Die Themen und die Zeit drängen. Soll der nächste Schritt in der Evolution ein Bewusstseinssprung sein, gilt es, sich vorzubereiten.
Für Uli Kempendorff bergen Jazz und Improvisationsmusik für Hörende und Ausführende das ganz besondere Potenzial eines Rückführungsangebots, das Teil oder zumindest der Anfang eines Heilungsprozesses sein kann. Zurück in ein bedeutungsvolles Leben, weg von der Entfremdung von uns selbst und unserer Umwelt. Konfrontation mit dem Echten, der Essenz, der Materie, dem Verborgenen.
Diese Musik, die so klar, geradeaus und ehrlich ist, bietet mit ihrer Direktheit ein Gegengift. Die Oberflächenpräsentation wird somit verlassen.

Reviews

Dieser geradezu philosophische Überbau widerspiegelt sich in der raffinierten Instrumentalmusik von Field und macht diese Jazz-Band zu einer Formation, die nonverbal, also ohne ein einziges Wort, Botschaften transportiert, die von hoher politischer Brisanz sind. [...] Da war nichts vorhersehbar, und jede instrumentale Reaktion der Musiker barg eine gehörige Portion Überraschung, so dass es zu keiner Sekunde musikalisch öde wurde.

Paramount in its unforced musical sophistication, Heal the Rich is one Field trip many will want to take.

Overall this is a very solid statement by excellent musicians, who know exactly how to express their ideas and how to play in ensemble setting, sharing responsibilities and inspiring each other. The atmosphere may sound cold and alienated at first, but in time the listener is drawn into the internal universe these musicians create.

Die vier Musiker erreichen mit einer scheinbar beruhigend distinguierten Distanz zum Geschehen eine einzigartige Gruppendynamik. [...] Der grafisch interessant gestalteten CD würden noch die philosophischen Gedankensplitter Kempendorffs guttun, die er auf der Webseite des Labels publiziert hat.

Detlef A. Ott, Jazzpoduim 5/2016

FIELD lässt die Avantgarde wieder swingen. Jedes Stück auf HEAL THE RICH überrascht mit unerwarteten Tempowechseln und immer wieder neuen Rhythmen.

Throughout, the group's lightning quick interactions and reactions keeps the music flowing and exciting. The comfort and ease the members of Field have playing together is a treat to hear.

HEAL THE RICH richtet sich denn auch nur vordergründig an einen kleinen Personenkreis, in Wirklichkeit ist es gedacht für alle Menschen, die da Ohren haben zu hören.

Tim Caspar Boehme, taz

FIELD spielt Jazz, Punkt. Natürlich ist an dieser Stelle der sprichwörtliche rote Teppich ausgerollt, sich in metaphorischen Ergüssen über die Musik zu verlieren à la “die eruptiven Schlagzeug-Attacken stacheln die schier endlosen Tonkaskaden des Saxophons an, alle Grenzen hinter sich zu lassen und werden dabei behutsam von den warmen Gitarrenakkorden” usw.
Damit wird man der Musik von FIELD am Ende aber nicht gerecht, denn die Musik der Band ist vor allem klar, geradeaus und ehrlich. Durch diese Direktheit bleibt man als Hörer immer dran. Uli sagt, er glaubt fest daran, dass diese Musik ein Gegengift sein kann zu den systembedingten Entfremdungsprozessen, die uns aktuell bedrohen. Wenn ich mir die Platte so anhöre, glaube ich das auch.

Benjamin Weidekamp

FIELDs neues Album heißt “Heal The Rich” und nicht “Kill The Rich”, nicht zuletzt weil diesem Vorschlag (von dem sich unser Titel in so zarter Humanität abhebt) Folge zu leisten bedeuten würde, einen Teil unseres Publikums wenn nicht gar uns selbst zu dezimieren. Musik ist ausserdem ein ausgezeichnetes Heilmittel. Und während es in unserer Welt einen Überfluss an Tötungsinstrumenten gibt, bedarf es dringend einer wirksamen Heilung von der Entfremdung von uns selbst und unserer Umwelt. Dafür scheint Musik wie geschaffen, sie ist sozusagen ein potentielles Rückführungsinstrument in ein bedeutungsvolles Leben. Ein Heilungsprozess bzw. ein Umkehr-und Besinnungsprozess ist auf vielen Ebenen von allerhöchster Dringlichkeit. Wir haben in der westlichen Welt eine Art von Schizophrenie zur Vervollkommnung gebracht, die zwischen einer tatenlosen, klick-getriebenen Empathie für das Elend der Anderen und des gleichzeitigen Perpetuierens eben jenes Elends durch eigene Handlungsweisen und Konsumbedürfnisse pendelt. Die unserem Kulturkreis eigene Wahrnehmung der “Welt” - Natur, Umwelt, Geschichte, Zeit, Wetter, als einen linearen Prozess anstatt als Teil eines komplexen Systems ist in diesem Zusammenhang umso problematischer. Sie erleichtert uns die Illusion, vom Rest der Welt und von den Konsequenzen unseres Handelns isoliert zu sein. Nur so kann man sich z.B. die Torheit eines ständigen Rufes nach mehr Wachstum erklären, obwohl wir spätestens seit 1972 von den Grenzen desselben wissen und dementsprechend handeln müssten. Dabei ist der Trip, den uns die jeden Tag geschluckte Pille vom guten und ewigen Wachstum verschafft, nicht nur tödlich sondern in seiner Visionslosigkeit unendlich fad und langweilig.

Gerade eine Musik wie Jazz hat dem viel entgegenzusetzen: bei ihrer Genese geht nicht primär um Verwertungsstrategien, sondern um den reinen Inhalt, sie ist dafür prädestiniert, alle, oder zumindest viele Seiten der Medaille zu betrachten: der Prozess ist hier immer Teil des Produkts. Für mich bergen Jazz und Improvisationsmusik darum das ganz besondere Potenzial eines Rückführungsangebots, das Teil oder zumindest der Anfang eines Heilungsprozesses sein kann. Heilung beginnt mit Reinigung und Reinigung bedeutet auch Konfrontation mit dem Echten, der Essenz, der Materie, dem Verborgenen. Lasst uns die Oberflächenpräsentation verlassen.

Instrumentalmusik ist absolut, ohne das Wort als direkten Bestandteil der Perfomance lässt sich nichts des obenstehenden aus der Musik allein heraushören oder in sie hineinlesen. Dennoch wird diese Musik gespielt von Individuen, die miteinander Verbindungen eingehen, denen selbstbespiegelnde Betroffenheitsgesten und der Rückzug nach Innen, auf vermeintlich sichere Allgemeinplätze, fernliegen. Die Themen und die Zeit drängen. Soll der nächste Schritt in unserer Evolution ein Bewusstseinssprung sein, gilt es, sich vorzubereiten.

Uli Kempendorff

Töne/Bilder/Videos